Leserbrief zur EM in St. Stefan aus Sicht eines FITE-Richters:

 

1.Ich möchte allen österreichischen Teilnehmern zu den erzielten Erfolgen gratulieren, besonders freut mich der Titel des Europameisters für unseren Franz Feiertag, einem Urgestein des österreichischen Orientierungsreitsportes. Neben  den  guten Einzelergebnissen ist natürlich der Mannschaftsvizeeuropameisterschaftstitel bei den Junioren und den Erwachsenen besonders erfreulich. Für die Reiter hat die EM und das Umfeld aus meiner Sicht einigermaßen gepasst.

 

2.Unsere Junioren sind sportlich und menschlich Spitze! Der nationenübergreifende Zusammenhalt hat sich auch beim Unfall einer Kanadierin auf der POR-Strecke gezeigt.

Einen sehr positiven Eindruck hatte ich auch von unserer Judith Egger, die nicht nur sehr gut geritten ist, sondern sich auch als sehr korrekt in der Terminwahrnehmung und im Umgang mit den Anderen im Team erwiesen hat. Dem Vernehmen nach hat bereits Ihre  Integration bei den anderen Jugendlichen begonnen. Mit der erbrachten Leistung hat sie sich zu einer Potentialträgerin des österreichischen Orientierungsreitsportes gemausert. Wünschen wir ihr für die Zukunft das Beste.

 

3.Zum persönlichen Umfeld mancher Junioren möchte ich folgendes bemerken:

Manche Erwachsene aus dem Umfeld der Junioren sollten sich einmal überlegen, ob sie sich nicht über den Umweg der „nächsten Generation“ selbst verwirklichen wollen und von dieser Erfolge verlangen, die sie selbst nie zu erreichen im Stande waren. Es macht  wenig Sinn der Tochter am Samstag um ca. 21 Uhr beim Studium der Ergebnisliste der POR an der Anschlagtafel bei der Schule zu erklären das man von ihr mehr erwartet hätte, obwohl sie ein wirklich gutes Ergebnis erritten hat. Die Gute saß am nächsten Tag ganz blass am Pferd und musste mit nervösen Magenschmerzen in die MA und PTV. Es wäre klug die Jugendlichen an den Bewerbstagen zu entlasten, sie sind ohnehin bei aller Zielstrebigkeit nervös genug.

Eine Mutter sollte auch zur Kenntnis nehmen, dass ein Teamchef  bzw. Juniorenbetreuer taktische Entscheidungen zu Gunsten des Teams treffen muss, z.B. Startzeiten, bzw. Startreihenfolgen. Gemeinsam mit der Tochter die eine Entscheidung nicht sofort versteht und emotional reagiert in Opposition zum Entscheidungsträger zu gehen ist unklug, kontraproduktiv und kostet allen Beteiligten sinnlos Energie und Nerven, die man wesentlich besser einsetzen könnte.

 

4.Zum Veranstalter und der Organisation:

Die Organisation des sportlichen Teiles der Veranstaltung was Richter, Betreuer usw. betraf war einigermaßen chaotisch. Wenn nicht Scheifinger Wolfgang und Majer von der Rechenstelle als Externe, Troubleshooting vom feinsten betrieben hätten, wäre der sportliche Teil der Veranstaltung im Chaos versunken. Zum Glück konnte vieles an Problemen von den Teilnehmern und Zuschauern ferngehalten werden. Aus meiner Sicht begann es damit, dass wir als Richter als Einladung eine E-Mail in einem unlesbaren Datenformat bekamen, welches wohl die meisten nicht öffnen konnten. Ich habe daher unseren Heinz Rieger telefonisch befragt, was in dem E-Mail stehen soll und wann und wo wir Richter uns einzufinden haben. Die Auskunft war 12:00 bei der Meldestelle. Dort angekommen ergab die Zeittafel, dass die Richterbesprechung um 14:30 angesetzt ist. Ich nützte also die Zeit um die Jacken, die Tasche und den Turnierausweis auszufassen (Corporate Design). Nach einer weiteren knappen Stunde Verspätung ging dann die  Richterbesprechung los, die einer knappen mehrsprachigen Befehlsausgabe glich. Anschließend begab ich mich auf die Suche nach meinem Quartier im entfernten Kammern um einzuchecken. Kurz nach 18 Uhr zurück im Festzelt musste ich feststellen,dass unser gratis Abendessen schon entfernt wurde, aber es noch käuflich Speisen zu erwerben gäbe. Nachdem ich ja den ganzen Tag noch nichts zu Essen hatte, begab ich mich hoffnungsfroh zum käuflich erwerbbaren Essen, und wurde erstmals mit dem völlig überteuerten Preisniveau der Veranstaltung konfrontiert, dass von vielen als reine Abzocke gesehen wurde (z.B. mini Kaffee im Pappbecher um €2.50). Dann kam es irgendwann zur offiziellen Eröffnung durch die Prominenz. Die teilnehmenden Sportler nahmen nationenweise Stellung auf einem unbeleuchteten Platz in völliger Finsternis ein. Sie waren aus Sicht des Publikums kaum zu erkennen. Die beiden mickrigen Spotscheinwerfer wurden benötigt um das Rednerpult mit den Festrednern zu erleuchten. Es folgten lange Reden in denen unter anderem die historische Geschichte der Gegend und die Entwicklung des regionalen Bergbaues erläutert wurde, auf deutsch, englisch und französisch. Die Reden zum Sport waren dagegen sehr kurz und allgemein. Alles in allem langes Stehen in der Finsternis ohne dass ein wirklich feierliches Gefühl aufkommt. Klar, die Gemeinde St. Stefan hat sich mächtig ins Zeug gehaut, und demnächst sind in der Steiermark Wahlen, aber ein paar Schwedenfackeln oder sonst eine geeignete Beleuchtung hätten es eventuell wirklich feierlich machen können.

Am Samstag ging es etwas vor dem ausgemachten Zeitpunkt zur POR ins Gelände. Nach einiger Zeit näherte sich unserem Kontrollpunkt ein Pickup, in dem ein aufgebrachter älterer Herr saß, der uns anherrschte, was wir hier tun, er sei der Grundbesitzer und wisse von nichts. Zwischen der Abfertigung einzelner EM Teilnehmer konnten wir mit ihm die Situation klären und er verließ uns freundlich. Das Lunchpaket das wir ausgefasst hatten war ein Witz, 2 Sandwiches bestehend aus 4 kleinen Toastbrotscheiben eins mit 2 Scheiben Käse und eins dünn mit Wurst belegt, sowie ein harter Apfel. Beim Wetter hatten wir zeitweise etwas Regen, was die Papierstartkarten der Teilnehmer etwas mitgenommen hatte, im Lungau hatten wir noch wasserfeste. Nach Rückkunft und Abendessen war es vorerst nicht möglich in Erfahrung zu bringen welches PTV Hindernis man als Richter zugewiesen bekommen hat und wann bzw. wo Treffpunkt ist. Keiner war zuständig niemand wusste was, Inkompetenz auf der ganzen Linie. Auch der Obmann des Veranstaltervereines Leidolt machte einen auf ahnungslos, glaubte jedoch von einer Liste zu wissen. Diese hing tatsächlich an der Tafel beim Festzelt und glich einem notgelandeten Papierflieger. Nachdem man sie wieder entfaltet hatte, konnte man tatsächlich erkennen wer welches Hindernis hatte, der Zeitpunkt zum Treffen und Liste ausfassen blieb weiterhin rätselhaft bzw. unbekannt. Gegen 21:15 hing dann eine missverständliche Liste bei der Schule die den Start der MA und der  PTV groß und fett geschrieben in mehreren Sprachen enthielt, die Zeile mit dem Treffen der Richter war dünn und winzig klein geschrieben und über die MA gesetzt, sodass sie als zur MA gehörig angesehen wurde. Ich hatte das Tor zu richten, und fasste eine Mappe aus, in der ein Listenblatt fehlte, welches ein anderer Richter bei einem anderen Hindernis in seiner Mappe hatte. Heinz Rieger hatte es mir dankenswerter Weise gebracht. Die Regelements in der Mappe waren in englisch und französisch Stand 2010 in deutsch wohl 2008 die Inhalte waren nicht ident. Das Tor war nach den Jugendlichen reparaturbedürftig, und die Reparatur nur über telefonische Umwege zu veranlassen. Nummer vom Bautrupp gab´s in der Mappe keine offensichtliche, möglich dass es eine mit Kugelschreiber draufgegriffelte Handynr. gewesen wäre. Baulich hat das Tor gerade halt noch so gehalten, 10 weitere Starter hätte es wohl nicht ausgehalten und der Pfahl zum Schließen wäre geflogen. Alles in allem haben alle nach Kräften improvisiert und die Veranstaltung hat einigermaßen funktioniert. Dass eine EM nicht nur aus dem Rahmenprogramm besteht hätte der regionale Veranstalter seit der verkorksten ÖM wissen müssen, aber er war diesmal viel zu sehr damit beschäftigt sich selbst zu loben. Regional wirklich funktioniert hat nur die Gemeinde St. Stefan und vor allem der Fast Rudi der eine tolle Werbe- und Sponsoringkampagne realisiert hat, wozu auch das Hufeisenpferd gehört. Ohne der perfekten Rechenstelle wären sie auch aufgeschmissen gewesen. Die Liste weiterer Mängel wäre lang, und würde diesen Rahmen sprengen, es hatten auch Andere mit den Widrigkeiten der schlechten Organisation zu kämpfen.

Meine Bilanz der EM ist daher sehr durchwachsen, und andere Veranstalter sollten aus den aufgelisteten Fehlern lernen. Möglich dass ich gelegentlich eine Checkliste und ein Handbuch für Veranstalter mache.                                   Michael Zuschrader (FITE Richter)